Zum Interview von C. Eymann zum #BiozentrumDebakel

Quelle: https://www.bazonline.ch/ich-fuehle-mich-nicht-in-der-verantwortung-413619440707. Jeweils mit Seitenzahlen im PUK-Bericht: https://grosserrat.bs.ch/dokumente/100402/000000402728.pdf

Zunächst ein Lob: C. Eymann ist bisher der einzige, der (für Fehler, die passieren können) eine gewisse Einsicht zeigt und sich den Medien stellt. Aber nun zu seinen problematischen Aussagen:

Verantwortung: Eymann „fühlt sich nicht in der Verantwortung“, war bis 2017 Vorsitzender des Lenkungsausschusses (LA): Er war dabei als geplant, ausgewählt, als am Projekt gespart wurde. Damit ist er mit den anderen LA-Mitgliedern in der Hauptverantwortung. (S. 51ff)

Schludrigkeit: Eymann behauptet, „niemand hat schludrig gearbeitet“. Aber der LA hat seine Aufgaben (Reservebewirtschaftung, Meilensteine, etc.) offensichtlich nicht erfüllt. Noch 2016 wolle H. Wessels unter Budget abschliessen – bis Dezember 2017 war der LA im Blindflug. (S. 84)

Vorsicht: Eymann behauptet, niemand hätte vor dem Debakel gewarnt: Als es in der Baukommission (BauKo) im August 2016 krachte und die nächste LA-Sitzung abgesagt wurde, hätte Eymann als Vorsitzender über die Lage informiert sein müssen. Die in Absprache mit Eymann versandte Email des BauKo-Vorsitzenden an die anderen LA-Mitglieder liess nicht auf das Debakel schliessen. Dass Eymann angeblich 2016 glaubte, 2018 zu eröffnen, zeigt, wie wenig Aufsicht über das Projekt es gab. (S.168)

Kosten: Eymann behauptet, diese wären nicht angezweifelt worden: Aber der wesentliche Voranschlag des Generalplaners wurde auf 238. Mio. eingedampft. Im PUK-Bericht steht im Protokoll des LA vom Juni 2011: «Die erfolgte Kostenoptimierung führte zu einer Kosteneinsparung […] von CHF 20 Mio., sodass die Bauprojektphase […] mit geschätzten Gebäudekosten (BKP17 1–8, +/-15%) von rund CHF 238 Mio. starten konnte.» (S. 81/82)

Parteizugehörigkeit: Eymann stellt in Frage, was die Parteizugehörigkeit von Eymann/Cramer/Vischer und die beruflichen Berührungspunkte damit zu tun habe. Es geht nicht drum, dass sie in einer gewissen Partei waren, sondern dass sie alle in der gleichen Partei waren und z.T. auch beruflich gut kannten. Kaum vorstellbar, dass eine persönliche Übergabe vom einen Regierungsrat (Eymann) zum anderen (Cramer) nicht stattgefunden haben soll und sie sich nicht über das riesige und prestigeträchtige Projekt ausgetauscht haben sollen…(S. 125/126)

Wissenschaftliche Entwicklung: Das Mantra «Ansprüche der Wissenschaft ändern sich» stimmt so nicht. Der damalige Verwaltungsdirektor der Universität bestätigte im PUK-Hearing, dass «die meisten Projektänderungen durch die Ausschreibungen ausgelöst worden seien. Sachen seien vergessen worden, oder der Plan sei nicht richtig ausgeführt worden.» Sprich: Das Projekt war unmöglich, die Reserven waren zu tief und die Kosten wurden im Fall von Midi-Quadranten sogar an die Uni ausgelagert.

Baustopp: Auch suggeriert Eymann, dass ein Baustopp nötig gewesen wäre, weil das Geld ausging. Aber: Schon im 2017 waren finanzielle Probleme absehbar, im 2018 unübersehbar (S. 104). Dabei wäre die Lösung einfach, wenn auch vielleicht für die Verantwortlichen unangenehm gewesen: Der Regierungsrat hätte jederzeit in eigener Kompetenz das Darlehen erhöhen können oder mit einer Vorlage ans Parlament gelangen können. Es wurde aber lieber den Weg über einen schwammigen Deal der Vorfinanzierung durch die Universität und einer in Aussicht gestellten Zahlung via Globalkredite gewählt.

Rollenkonflikte: Solche will Eymann auch nicht sehen. Die LA-Mitglieder Eymann (bzw. Cramer), diejenigen von BL und Ueli Vischer haben letztlich wohl ihre Kolleg*innen im Unirat nicht richtig über die Probleme beim Biozentrum informiert. Ein Beispiel: Noch in einer Sitzung im Mai 2018 wurde die Kostenüberschreitung in einer Diskussion im Universitätsrat von Cramer relativiert. (S. 111)

Erst im August 2019 scheinen alle Universitätsratsmitglieder das Ausmass des Debakels zu begreifen, als sie über die Mehrkosten von 100 Millionen informiert wurden und über den Vorfinanzierungsdeal der Regierungen (die gleichzeitig auch z.T. im LA und im Unirat waren). (S. 112)

Vorfinanzierung: Schliessen wir mit einem zweiten Lob. Auch Eymann, wesentlich mitverantwortlich für das #BiozentrumDebakel, anerkennt, dass der Vorfinanzierungsdeal „falsch“ ist. Jetzt müssen nur noch die Richtigen die richtigen Schlüsse daraus ziehen…