«Vielleicht werden Sie fragen, von welcher Republik ich träume», fragte Friedrich Dürrenmatt sich selbst in einer Rede zu Ehren von Vaclav Havel. Er antwortete, Zitat: «Von einer menschlichen Republik, die dem Menschen dient und deshalb die Hoffnung hat, dass der Mensch auch ihr dienen wird.»
Für Dürrenmatt war das Problem an dieser menschlichen Republik, der Mensch selbst und so musste er konstatieren, dass durch den Menschen alles paradox wird, Zitat: «Es verwandelt sich der Sinn in Widersinn, Gerechtigkeit in Ungerechtigkeit, Freiheit in Unfreiheit.» Dürrenmatt hätte wohl sein Freude an der Diskussion um die Mehrkosten und Verzögerungen beim Biozentrum gehabt, ist doch vieles paradox.
Ich möchte dem Regierungsrat in diesem Sinne auch für die Antworten auf die zugegebenermassen sehr vielen Fragen danken, weil sie ihre Argumentation im Gegensatz zur Stellungnahme ausführlicher darlegt. So kann ich mich ganz paradox, ob der Antwort der Regierung befriedigt erklären, ohne wirklich befriedigt zu sein. Ich bin vielmehr dadurch befriedigt, dass ich nicht befriedigt bin. Denn inhaltlich schafft es der Regierungsrat in der Interpellationsbeantwortung auf mindestens vier Paradoxe:
Erstens
Der Regierungsrat legt dar, dass es ihm unmöglich war, wie alle anderen auch in einem Monat eine Stellungnahme einzureichen. Auslöser dafür seien die geschwärzten Stellen im Berichtsentwurf: Nun was war alles geschwärzt? Das waren ein Absatz mit einer Liste von betroffenen Personen, an zwei Stellen Ausführungen zum Handeln des Baselbieter Regierungsrat, der zunächst dazu Stellung nehmen sollte und dies im Gegensatz zum Basler Pendant auch tat, dann die Angaben zur «Statistik» und zur «Buchhaltung» der PUK und schliesslich die noch nicht formulierten Schlussfolgerungen am Ende des Berichts. Also haben wir hier das Paradox, dass der Regierungsrat ganz viele Fehler im PUK-Bericht finden konnte, ohne angeblich den Text ins seiner Gänze wirklich verstanden haben zu können, weil er aufgrund weniger Schwärzungen auch keine Stellungnahme einreichen konnte.
Zweitens
Dieses Paradox ist das sprachlich beste, da es in nur wenigen Absätzen entfaltet wird: Der Regierungsrat gibt zu, dass die Führung missverständlich war und dass die Kontrolle über das Projekt nicht aufrecht erhalten werden konnte. Trotzdem streitet er die Fehler bezüglich Kontroll- und Aufsichtspflichten ab und wiederholt lieber das Mantra der zahlreichen Schadenfälle und Probleme. Das Argument zu Ende gedacht, müssen wir also annehmen, dass gerade durch die gute Aufsicht und Kontrolle des Regierungsrats die Kontrolle über das Projekt verloren ging.
Drittens
Spätestens im März 2019 mussten die finanziellen Probleme beim Biozentrum offensichtlich angegangen werden, laut der Angabe in der Interpellationsbeantwortung war der Handlungsdruck erst im Herbst 2019 da. Heisst das, der Lenkungsausschuss stellte im Frühling nicht fest, dass eine Vorlage an den Landrat hätte erstellt werden müssen? Trafen sich die Regierungsausschüsse beider Kantone nicht kurz danach, um den Vorfinanzierungsdeal ohne Universität beschliessen? Fand auch keine Universitätsratssitzung im August statt und kein geharnischter Briefwechsel zwischen Universität und Regierungsrat?
Zwischen Problemerkennung und Regierungsratsbeschluss zum Vorfinanzierungsdeal vergingen fast neun Monate. Da ist es schon interessant, wenn für die Behandlung des Ratschlags betreffend «Mehrausgaben für Geflüchtete aus dem Ukraine-Krieg» von der Erkennung des Problems im März, zur Kommissionsbehandlung im Mai und zum Grossratsbeschluss im Juni nur drei Monate nötig waren. So sind wir beim dritten Paradox: Dass der Regierungsrat im Herbst 2019 angeblich in Zeitdruck geriet und so handeln musste, wie er handelte, war darin begründet wie er tatsächlich handelte bzw. nicht handelte.
Das letzte Paradox ist das tragische: Die Verantwortlichen für das Biozentrum-Debakel sind nun im Gremium der Universität, welche die Folgen des Debakels, das sie selbst verursachten, nun wieder lösen müssen. Es bleibt also zu hoffen, dass der Universität aus dem Handeln anderer kein grösserer Finanz- und Reputationsschaden entsteht; der sich dann auf Forschung und Forschende der Universität auswirkt. Letztendlich wird sich der Regierungsrat daran messen lassen müssen.